Der gebürtige Leipziger Peter Niemann absolvierte nach der Schule zunächst eine Lehre als Koch und zog nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung hinaus in die Spitzenbetriebe Europas. Darunter das Restaurant Hirschen in Sulzburg, Stucki Basel, die Brüder Obauer in Werfen, das Restaurant Bon Loc in Stockholm, Königshof München, Feinkost Käfer in der neuen Messe München, Feinkost Käfer im Deutschen Bundestag sowie Wald- und Schlosshotel Friedrichsruh.
Während der bei all diesen Stationen ausschließlich kochte, wurde er bei Feinkost Käfer in der Messe München erstmals mit der Planung einer Küche konfrontiert. Aber nicht irgendeiner, sondern einer Küche für zwei Restaurants mit jeweils 600 Sitzplätzen! Für Niemann ein Wendepunkt, an dem er ahnte: Beim Kochen allein wird es in Zukunft nicht bleiben.
Und so zeichnete Niemann auch bei der Eröffnung der Käfer Restaurants im Deutschen Bundestag federführend für die Küchenplanung verantwortlich. Keine leichte Aufgabe in dem denkmalgeschützten Gebäude, in dem Architekten unter anderem eine 20 Liter Fritteuse neben ein Waschbecken und den Abfluss oberhalb des Fußbodens verbauten …
Seiner Leidenschaft für das Thema Planung haben die daraus entstandenen Herausforderungen jedoch keinen Abbruch getan. Ganz im Gegenteil! Niemann traf im Laufe der folgenden Jahrzehnte immer wieder auf Orte mit Geschichte – und einer entsprechend historischen Bausubstanz. Dabei entwicklete sich seine Begeisterung für historische Orte und individuelle Lösungen.
Bis heute ist er fasziniert davon, auf diesem Wege etwas Bleibendes zu schaffen: Ein Arbeits- und Wohnumfeld für Menschen zu ermöglichen, in dem sie beste Ergebnisse erzielen können ganzgleich, ob Hotel, Arztpraxis oder Wohnen & Arbeiten im Denkmal.
Rückblickend kann man schon heute sagen, dass er genau das getan hat. Nicht nur in den beiden Käfer Betrieben, sondern auch in seiner Heimatstadt Leipzig, wo er als gastronomischer Leiter die Planung, den Umbau und die Eröffnung eines Restaurants im Alten Rathaus leitete, in der letzten Privatbank der DDR – Bankhaus Meyer & Co. die unter anderem den Widerstandsgruppe Graf Staufenberg finanzierte – nach umfangreicher Sanierung ein eigenes Restaurant eröffnete und schließlich ein Rittergut aus dem Jahre 1317 von Grund auf sanierte, um dort zwei Restaurants, einen Veranstaltungsbereich und zwei ehemalige Tonnengewölbe zu eröffnen.
„Bauen ist für mich genauso Handwerk wie Kochen“, so Niemann. Und dass er beides verdammt gut kann, hat er spätestens nach erfolgreicher Eröffnung des ehemaligen Rittergutes Möckern bewiesen. Dort wurde nicht nur die modernste Küchen- und Lüftungstechnik nach Niemanns Planungen verbaut, er erkochte als Küchenchef auch umgehend einen Michelin-Stern. Es folgte eine Station in Mecklenburg-Vorpommern, wo Niemann die gesamte Küchen- und Technikplanung des unter Denkmalschutz stehenden Schloss Retzow konzipierte, um den historischen Ort zukünftig in eine moderne Eventlocation transformieren zu können.
Anschließend übernahm Niemann die Position des Küchenchefs und Direktors im Relais & Châteaux Hotel Hohenhaus.
Auf Hohenhaus wurde Niemanns Ahnung aus den ersten Gesprächen mit den Eigentürmern schließlich Realität: Es blieb nämlich tatsächlich nicht nur beim Kochen. Nachdem er sich im ersten Jahr noch verstärkt auf die Themen Personalführung und Küche konzentrierte (und auch hier einen Michelin-Stern erkochte!), übernahm er 2019 die Verantwortung für die Themen Bau und Sanierung auf Hohenhaus. So wurde unter seiner Regie beispielsweise eine Tagungs- und Eventscheune mit angegliedertem Küchenbereich für bis zu 200 Personen gebaut. Zusätzlich zu dem bereits bestehenden Restaurant, wurden zwei neue Restaurants konzipiert und eröffnet. Außerdem wurden das ehemalige Kavaliershaus und Direktionsbüro in zwei komfortable Suiten und einen kleinen Tagungsraum umgebaut und die bestehenden Zimmer umfassend saniert. Die Kulinarik blieb deshalb aber nicht auf der Strecke, entwickelte sich nur mehr in Richtung Konzeption. Schließlich schlagen in Niemanns Brust bis heute zwei Herzen: Das des Sanierers und das des Kochs.
So erkannte der 45-jährige die perfekten Bedingungen des zum Hotel gehörenden Landguts und entwickelte daraus eine weitestgehend autarke Kreislaufwirtschaft. Heute stammt ein Großteil der in den Restaurants verwendeten Produkte aus dem unmittelbaren Umland. Wilde Artischocken, Waldminze, Bachkresse, Salbei, Sauerklee und mehr werden von der eigenen Kräuterwiese geerntet, Beeren, Morcheln und andere Pilze in den umliegenden Wäldern gesammelt. Brot wird mit speziell für Hohenhaus angebautem Getreide gebacken. Das gesamte Wild stammt aus eigener Jagd. Damit die erlegten Tiere dann nicht noch einmal über Stock und Stein transportiert werden müssen, wurde ein eigenes Wildschlachthaus gebaut. Eine eigene Schafzucht, Honigproduktion sowie die Erschließung eigener Mineralwasserquellen runden das Angebot ab.
„… die Speerspitze der Nachhaltigkeit in der deutschen Spitzengastronomie. In Hohenhaus herrscht eine Selbstversorger-Mentalität, wie wir sie in der deutschen Spitzenküche kein zweites Mal kennen …“
— Christoph Wirtz / Gault & Millau
Für Niemann ist das Projekt Hohenaus damit jedoch noch lange nicht zu Ende. Vielmehr hat er die Kochjacke vorübergehend an den Nagel gehängt, und sich den Schutzhelm aufgesetzt. Denn zurzeit ist er maßgeblich für die Sanierung des zu Hohenhaus gehörenden Schlosses verantwortlich, in dem 17 neue Zimmer und Suiten inklusive dreier Wellness-Suiten entstehen und das zukünftige Gourmetrestaurant La Valée Verte untergebracht sein werden. Parallel dazu sanierte Niemann ein historisches Dorfgemeinschaftshaus, in dem Ende 2022 eine Facharztpraxis eröffnete und ein unter Denkmalschutz stehendes Einzeldenkmal im Werra-Meisner-Kreis, in dem er zukünftig leben wird.
Eines der nächsten Projekte wird die Sanierung eines unter Denkmalschutz stehenden Schulgebäudes aus dem Jahr 1914 sein, in dem Mietwohnungen entstehen werden.